Der Dreck muß aus der Stadt
Bevölkerungswachstum und Entsorgung
Bevölkerung und Wirtschaft wachsen, die Abfallentsorgung hinkt hinterher
Mit Beginn der Industrialisierung und dem Bevölkerungswachstum in den Städten wurden funktionstüchtige Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen immer dringlicher.
Die Städte begannen Wasserversorgung und Kanalisation zu installieren und eine regelmäßige Müllbeseitigung und Straßenreinigung zu organisieren.
Oft konnte man aber mit dem rasanten Bevölkerungsanstieg nicht Schritt halten.
Fahrt durch die Hamburger Sielgewölbe
Berlin entwickelte sich von knapp 163.000 Einwohnern 1810 bis 1877 zur Millionenstadt, München hatte 1811 etwa 50.000 Einwohner,
1900 schon ca. 490.000, Würzburg hatte 1813 19.925 und 1911 85.100 Einwohner ...
Die Industrialisierung in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts beeinflußte alle Lebensbereiche.Die Industrialisierung in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts beeinflußte
alle Lebensbereiche. Die Städte explodierten, indem sich die Bevölkerungszahl in kurzer Zeit vervielfachte. Ebenso vervielfachten sich die Versorgungs- und die Entsorgungsprobleme.
Kanalisation und Wasserversorgung war ebenso wie eine geordnete Müllabfuhr und Straßenreinigung Mitte des 19. Jahrhunderts meist noch Stückwerk in den großen Städten Deutschlands.
Eine zentrale Wasserversorgung z.B. richteten Würzburg 1856, München 1866, Frankfurt 1873 und Nürnberg 1885 ein.
Epidemische Krankheiten wie Cholera und Typhus führten zum Handeln.
Neben der Straßenreinigung und der Müllabfuhr wurde vor allem auch großflächig in den Städten die Kanalisation eingeführt. Die Kanalsysteme im Zentrum der Großstädte stammen oft noch aus dieser Zeit und müssen in absehbarer Zeit saniert bzw. erneuert werden.
In größeren Städten waren Straßenreinigung und Müllabfuhr erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts befriedigend eingerichtet.
1854 gab es in München noch fast 2000 Kehricht- und Aschegruben sowie 80 Düngergruben, die einmal pro Jahr entleert werden mußten. 1863 waren nur die Straßen der Altstadt gepflastert.
Erst 1897 funktionierte die Müllabfuhr zufriedenstellend. In Frankfurt wurde 1873 ein städtischer Fuhrpark zur Abfall- und Kehrichtbeseitigung eingerichtet.
Entsorgung in öffentlicher Hand
Erfolgreich wurde die Müllabfuhr erst, als die Einsammlung und Entsorgung von den Städten in Eigenregie übernommen, also "städtisch" wurden.
Unterstützt wurde der Erfolg durch das preußische Kommunalabgabengesetz von 1893, das den Städten erlaubte, Gebühren für Straßenreinigung und Müllabfuhr zu erheben.
Polizeiverordnungen und Ortsgesetze regelten ab dieser Zeit auch den Benutzungszwang für die neuen Entsorgungseinrichtungen. In Schweinfurt wurde die städtische Müllabfuhr 1909
und in Aschaffenburg 1910 eingeführt.
Müllabfuhr, Magdeburg 1910
Fäkalienentsorgung
Wie in anderen großen Städten wurde in Schweinfurt schon Mitte des 19. Jahrhunderts die Kanalisation im heutigen Sinne eingeführt. Dennoch mußten zahlreiche Fäkalgruben
regelmäßig bis weit ins 20. Jahrhundert mit Pumpen entleert werden. Die Grubeninhalte wurden dann in Schweinfurter Vororten landwirtschaftlich verwertet.
Anderenorts, beispielsweise in Stuttgart, wurden die Fäkalien auch regelmäßig in Kübeln zur Abholung bereitgestellt.
Flader Fäkaliensauger, 1925
Wagen zur Abholung von Fäkalieneimern
Fäkalieneimer
Industrialisierung - Beginn der Massenabfälle
Seit Beginn der Industrialisierung waren auch große Mengen neuartiger Industrie- und Gewerbeabfälle zu entsorgen.
Dies waren zum Beispiel Kohlenrückstände wie Staub, Asche, Ruß, Steinkohlenschlacke aus Verbrennungsanlagen, ferner Metallabfälle, Abfälle von Alaun-, Anilin- und Farbenfabriken,
Abfälle aus Druckereien, Rückstände von Kokereien und viele andere, von denen etliche tausend Tonnen pro Jahr anfielen und nicht mit der Hausmüllabfuhr entsorgt werden konnten.
Viele dieser Abfälle konnten behandelt und verwertet werden, andere wurden abgelagert oder vergraben. Manche der damaligen Industrieabfälle, wie z.B. Gaswerkrückstände,
stellen noch heute eine Gefährdung für die Umwelt dar.