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Stadt Aschaffenburg. Der Aschaffenburger Entsorgungsbetrieb fährt bundesweit vorne mit, wenn es um emissionsfreie Antriebstechnik geht: Diesen Donnerstag hat das erste wasserstoffbetriebene Müllfahrzeug den Dienst aufgenommen.
Energiewende: In Aschaffenburg geht erstes Müllfahrzeug mit Wasserstoff-Antrieb in Betrieb – Testphase wird wissenschaftlich begleitet
Das ist auch ein Baustein der regionalen Wasserstoff-Strategie, sagte Oberbürgermeister Jürgen Herzing bei der Übergabe.
»Blue Power« nennt die Entwickler- und Herstellerfirma Faun Umwelttechnik das Wasserstoff- Müllfahrzeug. Deren Vertriebschef Daniel Vick fasste zusammen, was es für die Umwelt erwarten lässt. Er stützte sich dabei auch auf die Ergebnisse des früheren Testbetriebs in Aschaffenburg.
Ein Müllfahrzeug legt beim einwöchigen Umlauf in Aschaffenburg 360 Kilometer zurück. Mit einem Verbrennungsmotor benötigt es dazu 303 Liter Diesel und stößt 800 Kilogramm Kohlendioxid aus. Mit der neuen Antriebstechnik sind das 30 Kilogramm Wasserstoff und null Kohlendioxid- Ausstoß im Betrieb auf der Straße.
Noch nicht ganz »grün«
Wobei Vick dieses Ergebnis in der Gesamtbetrachtung relativierte. Denn noch ist der in Deutschland verfügbare Wasserstoff nicht vollständig »grün«, sondern zum Teil mit konventioneller Energie erzeugt – und dabei auch aus Erdgas gewonnen. Das werde sich ändern, wenn Wasserstoff mit erneuerbaren Energien und aus Wasser produziert wird.
Was den Einsatz vor Ort betrifft, zeigte sich der Leiter des städtischen Entsorgungsbetriebs, Dirk Nagel, begeistert: »Wir holen nicht nur den Abfall aus Aschaffenburg heraus, sondern bringen auch keinen mehr hinein.« Das neue Fahrzeug sei nicht nur emissionsfrei unterwegs, sondern auch nahezu geräuschlos – die Anwohner wird’s freuen.
Preis: 680.000 Euro
Dabei ist »Blue Power« ein Kraftpaket, das alles drauf hat, was ein Entsorgungsfahrzeug braucht – und sogar noch mehr kann. Vick und Nagel nannten die Details.
Billig ist das alles nicht. Das Wasserstoff-Müllfahrzeug kostet 680.000 Euro netto, berichtete Stefan Maunz, der Leiter der Stadtwerke Aschaffenburg, unter deren Dach der Entsorgungsbetrieb angesiedelt ist. Die Mehrkosten gegenüber einem konventionellen Diesel-Fahrzeug werden vom Bund zu 90 Prozent gefördert, das ergibt einen Zuschuss von 610.000. So bleiben bei den Stadtwerken rund 250.000 Euro.
2018 hat Faun das Fahrzeug vorgestellt. 120 davon sind bisher bundesweit unterwegs. Aschaffenburg ist somit eine Pilotstadt. Der Praxisbetrieb wird daher wissenschaftlich begleitet, unter anderem vom Forschungszentrum Jülich. Erst nach der Testphase wollen die Stadtwerke entscheiden, ob sie weitere Wasserstoff-Müllfahrzeuge anschaffen.
Immerhin hat der Entsorgungsbetrieb den Verkehrsbetrieb der Stadtwerke überholt. Der hat zwölf wasserstoffbetriebene Omnibusse bestellt, die im kommenden Jahr geliefert werden. Auch
die öffentliche Wasserstoff-Tankstelle auf dem Gelände des Stadtwerke-Verkehrsbetriebs wird frühestens im ersten Quartal 2024 fertig sein. Der Bau hat gerade erst begonnen.
Bis dahin muss das neue Wasserstoff-Müllfahrzeug einmal wöchentlich in Darmstadt und Frankfurt betankt werden. Die Wasserstoff-Tankstelle der Firma Linde kann wegen des Eigenbedarfs die nötige Menge nicht vorhalten. Sollte der Wasserstoff ausgehen, lässt sich das Müllfahrzeug auch rein mit der Batterie betreiben.
Hintergrund: Regionale Wasserstoff-Strategie
Die Beschaffung von Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellentechnik ist Teil der Regionalen Wasserstoffstrategie am bayerischen Untermain. Darauf hat Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing bei der Müllfahrzeug-Übergabe hingewiesen.
Verschiedene Akteure arbeiten zusammen, um möglichst viele Anteile der Wertschöpfung in der Region zu halten. Das Zentrum für Technologie, Existenzgründung und Cooperation (Zentec) im Kreis Miltenberg vernetzt die Unternehmen, die Komponenten fertigen, die zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff gebraucht werden. Eingebunden sind die Technische Hochschule Aschaffenburg und das Fraunhofer Institut in Alzenau. Wasserstoff-Tankstellen entstehen in Alzenau, Aschaffenburg und Obernburg.
Die Stadtwerke Aschaffenburg halten an dem Plan fest, selbst in die Erzeugung von Wasserstoff einzusteigen. Ohne Wasserstoff-Importe gehe die Strategie jedoch nicht auf, so Stadtwerkechef Stefan Maunz. So ruhen die Hoffnungen auf der Nord-Süd-H2-Pipeline, die nach den Plänen des Wirtschaftsministers Habeck ab 2030 den Raum Aschaffenburg-Alzenau erreichen soll.
Presseartikel des Main-Echo, Aschaffenburg, vom 17. November 2023, Autor: Peter Freudenberger
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Peter Freudenberger und beim Main-Echo, Aschaffenburg, für die Erlaubnis zum Abdruck des Artikels auf unserer Homepage.
Bildunterschrift: Weniger Schadstoffe und Lärm: Der Entsorgungsbetrieb der Stadtwerke Aschaffenburg hat ein Wasserstoff-Müllfahrzeug. Damit legt die Stadt zugleich einen Zahn bei der Energiewende zu, so (von links) Stadtwerke-Chef Stefan Maunz, Oberbürgermeister Jürgen Herzing und Daniel Vick (Faun Umwelttechnik) bei der Schlüsselübergabe (Foto: Gregor)