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Stadt Aschaffenburg feiert 100 Jahre Müllabfuhr

(erstellt am: 03.03.2011)
Stadt Aschaffenburg. Noch in altdeutschem Sütterlin geschrieben war der Artikel, den eine Aschaffenburgerin vor kurzem in ihrem Papiermüll gefunden hat: Der Bericht über das 25-jährige Bestehen der städtischen Müllabfuhr stammte aus dem Jahr 1936 und machte Robert Faust, Leiter der städtischen Entsorgungsbetriebe, und Dieter Gerlach, Geschäftsführer der Aschaffenburger Versorgungs-GmbH (AVG), hellhörig.


Demnach gibt es die Aschaffenburger Müllabfuhr heuer also schon seit 100 Jahren.
 Den runden Geburtstag der Entsorger feiert die Stadt nun mit einem historischen Rückblick in einer kleinen Ausstellung, die Mitte Feburuar im Foyer zwischen Eissport- und Schwimmhalle eröffnet wurde. Ergänzt werden die zehn informativen und mit vielen Bildern bestückten Tafeln von der Wanderausstellung «Keine heiße Asche einfüllen - Über den ewigen Kampf gegen den Müll», die die Abfallberatung Unterfranken zur Verfügung gestellt hat.


Einfach und unhygienisch
Müllentsorgung vor gut 100 Jahren war genauso einfach wie unhygienisch und umweltschädlich: Fäkalien, Asche, Kehricht und Essensreste wurden in den Rinnstein geworfen, wo sie munter vor sich hin faulten und stanken, wie Oberbürgermeister Klaus Herzog und Dieter Gerlach in ihren Eröffnungsreden vor 50 Besuchern erläuterten. Allerdings habe damals eine «echte Recyclinggesellschaft» dominiert: Fast alle noch brauchbaren Materialien wurden wiederverwertet - im Gegensatz zur Wegwerfmentalität ab Mitte des 20. Jahrhunderts.


Aus schwerem Metall
Weil die hygienischen Zustände auf Aschaffenburgs Straßen nicht mehr tragbar waren, gründete der Magistrat zum 1. April 1911 die «Städtische Abfuhranstalt für Haus- und Gewerbeabfälle» mit Sitz im Schönborner Hof. Ein Betriebsleiter und zwei Müllwerker leerten täglich bis zu 13 Stunden lang die ersten 2000 Müllgefäße aus schwerem Metall, die die Eisenwarenhandlung Carl Götz zum Stückpreis von 7,20 Mark geliefert hatte.


35 Pfennig verdienten die Müllwerker mit ihrer Kräfte zehrenden Arbeit in der Stunde, genauso viel kostete die Abfuhr einer Mülltonne inklusive Reinigung, je nach Wunsch im wöchentlichen bis vierwöchentlichen Rhythmus. Knapp 40 Tonnen Hausmüll pro Woche produzierten die damals 12 000 Aschaffenburger Einwohner in der Altstadt und in Damm - mehr Stadtteile gab es nicht. 
Die erste Müllabladestelle war eine Talmulde unterhalb der Eckertsmühle.

Nachkriegszeit
Als die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lag, mussten 280000 Kubikmeter Schutt weggeräumt werden, Lore für Lore auf der Trümmerbahn, deren Gleise durch die Stadt führten und am Main endeten. Mit dem Schutt wurde der Winterhafen aufgefüllt.

In den Nachkriegsjahren verstärkte sich der Trend zur Wegwerfgesellschaft, Recycling lohnte sich (noch) nicht, immer mehr Einwegverpackungen überschwemmten die Stadt, die im Wohlstandsmüll zu ersticken drohte. Deponien und Verbrennungsanlagen schienen bis in die 1980-er Jahre hinein das geeignete Mittel zu sein, den Müll zumindest unsichtbar zu machen.

Umdenken in den 90er Jahren
Ab 1990 fand in Aschaffenburg ein Umdenken statt: Das Mehrtonnensystem wurde eingeführt, Containerstandplätze und der erste Recyclinghof wurden errichtet. 1993 kündigte der Landkreis die langjährige Mitnutzung der Deponie Stockstadt auf. Es folgten teure Mülltransporte nach Bad Kissingen sowie Pläne, eine eigene Müllverbrennungsanlage oder eine Deponie im Schweinheimer Wald zu bauen. Keines der beiden Projekte wurde realisiert, seit 1994 wird der Aschaffenburger Restmüll im Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt thermisch behandelt und zur Produktion von Strom und Fernwärme genutzt.

«Unglaublich hohe Disziplin» hätten die Bürger an den Tag gelegt bei der getrennten Erfassung von Wertstoffen, lobte Dieter Gerlach. Die jährliche Restmüllmenge von 78 000 Tonnen wurde auf heute 12 000 Tonnen reduziert. Gerlach dankte den 100 engagierten Mitarbeitern der Entsorgungsbetriebe, die sich von Müllwerkern hin zu gut ausgebildeten, bürgerfreundlichen Fachkräften entwickelt hätten. «Das meiste ist vernünftig gelaufen bei uns», schloss Gerlach. Seit fast 20 Jahren seien die Abfuhrpreise stabil geblieben und vor fünf Jahren sogar gesenkt worden.



Ausstellung «100 Jahre Müllabfuhr in der Stadt Aschaffenburg», bis 31. März täglich von 10 bis 19 Uhr im Foyer zwischen Eissport- und Schwimmhalle Aschaffenburg, Eintritt frei. Führungen von Gruppen und Schulklassen bei Dirk Rachor, Tel. (0 60 21) 3 91 38 26. Den Katalog zur Ausstellung gibt es hier.

Fotos: Dr. Ruth Radl
Autor:
Dirk Rachor
Stadt Aschaffenburg
06021 3913826
dirk.rachor@stwab.de